Selbstbestimmungsrecht der Völker

Deutsche Kolonialpolizei in Kamerun

Das Recht auf Selbstbestimmung der Völker, das sich weder in der UN-Menschenrechtserklärung noch in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten findet, ist, wie im UN-Sozialpakt, herausgehoben und in einem besonderen Teil den übrigen im Pakt behandelten Rechten vorangestellt.

Um die Aufnahme dieses Rechts in den Pakt hat es in den Organen der Vereinten Nationen heftige Auseinandersetzungen gegeben, bei denen sich schließlich die Befürworter einer Einbeziehung mit der Überzeugung durchsetzten, dass das Recht auf Selbstbestimmung als das fundamentalste Grundrecht Voraussetzung für alle anderen Rechte sei, zwar kollektiver Natur, aber von unmittelbarer Wirkung auf den einzelnen.

Nach mehreren Kompromissvorschlägen, das Selbstbestimmungsrecht in eine gesonderte Erklärung oder jedenfalls nur in die Präambel aufzunehmen, wurde schließlich der Text des Artikels 1, den eine besondere Arbeitsgruppe des 3. Ausschusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen erarbeitet hatte, mit geringfügigen Änderungen angenommen.

Dabei ging man davon aus, dass Artikel 1 Abs. 1 des UN-Zivilpaktes das Selbstbestimmungsrecht als universelles Recht klarstelle, und daß der Begriff der Völker soweit wie möglich auszulegen sei. Dies ergibt sich auch aus Artikel 1 Absatz 3 des UN-Zivilpaktes, der die Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Achtung und Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestimmung festlegt und dabei auch Gebiete ohne Selbstregierung und Treuhandgebiete anführt.

Artikel 1 Abs. 2 des UN-Zivilpaktes sichert die wirtschaftliche Seite des Selbstbestimmungsrechts durch das Recht auf freie Verfügung der Völker über ihre Naturschätze und Wirtschaftsquellen, auf das sich ferner noch Artikel 47 des UN-Zivilpaktes bezieht.

Artikel 1
(1) Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.

(2) Alle Völker können für ihre eigenen Zwecke frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen, unbeschadet aller Verpflichtungen, die aus der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des gegenseitigen Wohles sowie aus dem Völkerrecht erwachsen. In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden.

(3) Die Vertragsstaaten, einschließlich der Staaten, die für die Verwaltung von Gebieten ohne Selbstregierung und von Treuhand gebieten verantwortlich sind, haben entsprechend den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen die Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestimmung zu fördern und dieses Recht zu achten.

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